Bericht: Stephan Landgraf

Kommenden Freitag ab 18 Uhr in der „LaOla“-Gaststätte in Rothenstadt: Auf den Tischen stehen die „Reserviert“-Schilder, im Fernsehen flimmert der Sender „Sky Bundesliga“. Es wird das Zweitliga-Fußballspiel zwischen dem SC Paderborn und dem FC St. Pauli übertragen – eine Partie ohne bayerische Beteiligung, was in der nördlichen Oberpfalz eher die Seltenheit ist, aber nicht verwundert. Denn das „LaOla“ ist aktuell die Vereinskneipe des zweitgrößten St. Pauli-Fanclubs in Bayern, dem „Paulizeirevier“ Weiden. Und das feiert an diesem Tag nicht nur seinen Kultverein, sondern zudem sein zehnjähriges Jubiläum.

Sind die Anhänger des Zweitligisten aus Hamburg nicht selbst im Stadion vor Ort, treffen sie sich in schöner Regelmäßigkeit zum gemeinsamen Fernsehschauen der Partien ihres Vereins. „Das ist aber nur eine von vielen weiteren Aktivitäten“, weiß Frank Werner, der seit der Gründung am 21. Februar 2013 als Präsident fungiert.


Mitgliedsbeitrag kostet 19,10 Euro pro Jahr

An jenem besagten 21. Februar, einem Donnerstag, trafen sich zur Versammlung im Weidener „Bräuwirt” 27 Mitglieder, um den ersten St. Pauli-Fanclub in der nördlichen Oberpfalz aus der Taufe zu heben. Inzwischen zählt das „Paulizeirevier” über 60 Mitglieder – Tendenz, sicherlich auch etwas dem günstigen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 19,10 Euro (dem Gründungsjahr des FC St. Pauli) geschuldet, weiter steigend.

Der nächste Fanclub im Bezirk Oberpfalz ist mit den „Gaffelzecken“ in Regensburg angesiedelt. Mehr als 400 eingetragene Fanclubs existieren insgesamt beim FC St. Pauli. Der Großteil stammt natürlich aus dem Stadtgebiet Hamburgs. Aber inzwischen gibt es in ganz Deutschland und vielen europäischen Ländern organisierte St. Pauli-Fans. Dank des indischen Fanclubs „Raj Pauli“ und der East River Pirates“ aus New York sind sie sogar „weltweit“ vertreten.

„Die meisten stellen sich unter Fanclubs vereinsmäßig organisierte Grüppchen vor und können damit recht wenig anfangen. Natürlich gibt es auch noch immer in Fanclubs Strukturen, die an Vereine erinnern, jedoch bestehen die meisten Fanclubs beim FC St. Pauli aus Bekannten, die seit Jahren gemeinsam die Spiele besuchen und sich auf diese Weise eine Struktur geben wollen“, heißt es auf der Fanclub-Seite der Kiezkicker. Eine Aussage, die genau auf das „Paulizeirevier“ zutrifft.

Lockere Treffen und vielschichtige Werte

„Unsere Intention der Gründung war, die in unserer Region verstreuten St. Pauli-Fans von Pirk, über Weiden, Mantel, Weiherhammer, Altenstadt/WN, Floß oder Neustadt/WN zusammen zu bringen. Unsere Treffen sollen dabei ganz locker ablaufen, wir wollten und wollen das ja nicht als e. V. machen“, blickt Werner zurück. „Sie wollen stattdessen einfach regelmäßig zusammenkommen, gemeinsam Spiele am Fernseher verfolgen, vielleicht auch mal zu Auswärtsspielen oder ans Millerntor fahren. Als Fanclub kommt man ja auch leichter an Karten“, so der „Präse“ weiter.

Einige Gründe, die für die Entstehung des „Paulizeireviers“ sprechen, aber bei weitem nicht alle. Denn es nicht natürlich nicht die Stimmung bei den regelmäßigen Fernseh-Treffen und im Stadion, die außergewöhnlich ist. Vielmehr sind es die Werte und das Selbstverständnis, für die der Verein vom Millerntor steht, und mit denen sich die „Paulizeirevier“-Mitglieder zu 100 Prozent identifizieren.

Diese Grundwerte sind u. a.: keine Homophobie und sexuelle Gewalt und klare Kante gegen rechts (Aktion „Laut gegen Nazis“). Zudem vermittelt der FC St. Pauli, so in den 2009 verabschiedeten Leitlinien, ein Lebensgefühl und ist Sinnbild des authentischen Sports. Dies ermöglicht eine Identifikation mit dem Verein, unabhängig von etwaigem sportlichem Erfolg. Wesentliche Merkmale für diese Identifikationsmöglichkeit sind dabei besonders zu fördern und zu schützen. Toleranz und Respekt im gegenseitigen Miteinander sind weitere wichtige Eckpfeiler im FC St. Pauli.

Alles Aspekte, die das „Paulizeirevier“ in den letzten zehn Jahren konsequent umsetzt. So pflegt und hegt Freundschaften zu den Gleichgesinnten der „Pegnitz Piraten“ und der „Fjordepiraten“ aus Flensburg. Die Letztgenannten lernten die Weidener gleich nach ihrer Gründung bei der Premieren-Teilnahme am traditionellen Fanclub-Turnier im Stadion am Millerntor kennen – was für die Beteiligten, die 2013 auf Anhieb unter 16 Teams den sechsten Platz erreicht hatten, einer der Höhepunkte in der bisherigen Geschichte war.

Enger Kontakt zu Profi Philipp Ziereis

Nicht zu vergessen waren die regelmäßigen Besuche von ehemaligen St. Pauli-Profi Philipp Ziereis, inzwischen in Österreich aktiv, und seiner Familie bei den „Paulizeirevier“-Veranstaltungen. Der Kontakt zum gebürtigen Schwarzhofener kam aufgrund der sehr guten familiären Kontakte von Fanclub-Mitglied Charly Schlömmer zustande, so dass eine Weidener Abordnung im Juni 2017 sogar an einer Familienfeier in Schwarzhofen teilnehmen durfte.

Zudem sind die „Paulizeirevier“-Mitglieder regelmäßige Gäste bei diversen Fußball-Turnieren, bei denen der Inklusions- und Integrationsgedanke sowie der soziale Aspekt im Vordergrund steht. So beispielsweise im August 2013 beim FSV Tirschenreuth, beim jährlich stattfindenden Behörden-Cup des FC Weiden-Ost oder bei Veranstaltungen des HPZ Irchenrieth – die Weidener St. Pauli-Anhänger tauschen gerne und oft die bequeme Umgebung des „LaOlas“ gegen den Rasen ein – nur nicht am Freitag, denn da wird das Jubiläum gebührend gefeiert.