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„In Irchenrieth ist Sozialgeschichte geschrieben worden“

Irchenrieth

60 Jahre Heilpädagogisches Zentrum (HPZ) Irchenrieth: Das sind, so CSU-Landtagsabgeordneter (MdL) Dr. Stephan Oetzinger in seiner Festansprache am Sonntag im vollbesetzten Speisesaal der Tagesstätte, „sechs Jahrzehnte, in denen ein Herzensort in der nördlichen Oberpfalz und ein Unternehmen mit sehr viel Dynamik eine beeindruckende Entwicklung genommen hat“.

Nicht nur das viele Lob, dass die vielen Ehrengäste, u. a. MdL Carolina Trautner (ehemalige Staatsministerin und aktuelle Landesvorsitzende der Lebenshilfe Bayern), Bezirkstagspräsident Franz Löffler und Landrat Andreas Meier in ihren Grußworten zum Ausdruck brachten, freute die HPZ-Verantwortlichen um Vorstandsvorsitzenden Christian Stadler. Vor allem die Tatsache, dass rund 3000 Gäste, überwiegend Familien und Angehörige der im HPZ betreuten Menschen, und Mitarbeiter der Einladung folgten und einen kurzweiligen Tag, gespickt mit vielen Programmpunkten, verbrachten, machte das HPZ-Team zurecht stolz und zufrieden. „Wir haben ein Jubiläum erlebt, das allen Spaß gemacht hat“.

 

Irchenrieth

 

Eine Aussage, die auch Vorstandsvorsitzender Stadler, der beim Festakt – musikalisch umrahmt von der HPZ-Band „Quer Beat“ – die Ehrengäste, den Aufsichtsrat um Vorsitzende Birgit Reil, die gesamte HPZ-Familie und die Abteilungsleiter begrüßte, unterstrich. In seiner mit vielen Anekdoten garnierten „Reise durch die letzten 60 Jahre“ blickte er auf die Geschichte des Unternehmens seit der Gründungsversammlung von 14 betroffenen Familien am 27. März 1965 im Weidener „Glötznerstüberl“ zurück. Klar, dass auch ein kurzer Ausblick in die Zukunft und auf die bevorstehenden Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten sowie die geplanten Neubaumaßnahmen nicht fehlen durfte.

CSU-Landtagsabgeordneter Dr. Oetzinger, der für den erkrankten Schirmherren Lothar Höher die Festansprache hielt, hob die große Bedeutung des HPZs hervor. „Die hier lebenden und arbeitenden Menschen geben die Unterstützung, die sie erfahren, mit ganz viel Herzlichkeit zurück. Daher bin ich ein ganz großer HPZ-Fan“, sagte der Politiker, der als einen Erfolgsgaranten der Einrichtung die Verwurzelung derer in die Region sowie die enorme Anerkennung derer bei der Gesellschaft und Wirtschaft nannte.

Dr. Oetzinger sah als weitere tragende Säulen das Herzblut, mit dem HPZ-Mitarbeiter zu Werke gehen würden, an sowie die Kombination aus den hauptamtlichen Strukturen mit dem ehrenamtlichen Engagement. „All das und die Bewohner, die einem das Gefühl geben, immer willkommen zu sein, machen das HPZ aus. Mit ihm haben wir in der nördlichen Oberpfalz einen großen wirtschaftlichen Player“, so der CSU-Politiker.

Die bayerische Vorsitzende der Lebenshilfe, die ehemalige Staatsministerin Trautner, bezeichnete den „mutigen Schritt der Gründung als Startschuss, aus dem durch Qualität, Zuverlässigkeit und Professionalität etwas Tolles“ geworden sei. Für sie sei in Bayern die vollkommene Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen noch nicht erreicht: „Das muss die Selbstverständlichkeit werden“, forderte Trautner.

In die gleiche Kerbe schlug Bezirkstagspräsident Franz Löffler, der die Idee der Gründungseltern als „revolutionäre Leistung“ titulierte. „In Irchenrieth wurde so Sozialgeschichte geschrieben“, sagte er, der vor allem das vom HPZ betriebene Museumscafé in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg als „deutschlandweit einmaliges Projekt mit inklusiver Vorreiterrolle“ bezeichnete. Der Bezirkstagspräsident fand wie schon Trautner auch kritische Worte und mahnte an, dass vom Freistaat die Finanzierung von Um- und Neubauten und die Modernisierung bestehender Behinderteneinrichtungen gesichert werden müsse.

Der Neustädter Landrat Andreas Meier gratulierte ebenso zum 60. Geburtstag, verbunden mit dem Wunsch, dass manche Dinge, wie z. B. das „Wohnen im Hotel am Hofgarten“ in Neustadt/WN, künftig einfacher und schneller umgesetzt werden könnten. Die Vertreter der HPZ-Behindertenvertretungen aus der Werkstatt, dem Wohnheim und der Förderstätte, Ingo Kraus, Yvonne Apel, Wolfgang Scharbauer und Johannes Brandl, lobten das HPZ als „einen Ort zum Leben und zum Wohlfühlen“. „Er ist der Mittelpunkt unseres Lebens, es ist unser Zuhause“, erklärten sie. Der Ehrenvorsitzende Josef Rupprecht unterstrich, dass ein „gut gelungenes Projekt durch den Zusammenhalt“ entstanden und etwas Großartiges für Menschen, die Hilfe brauchen, geschaffen worden sei.

In ihrer sehr emotionalen Rede aus der Sicht einer betroffenen Mutter und aus der als Aufsichtsratsvorsitzende nannte Reil das HPZ als „ein aus Menschlichkeit und Engagement entstandenes Geschenk“ sowie als „einen Ort der Wärme und des Vertrauens“, der ihr und das Leben vieler anderer Betroffener verändert habe. Ihr sei um die Zukunft des HPZ nicht bange, denn es werde durch Menschen getragen. Ein Rundgang der geladenen Ehrengäste durch die verschiedenen HPZ-Abteilungen schloss sich an, ehe am Nachmittag die Einrichtung fest in der Hand der Betreuten und derer Familien und Angehörigen war.