München (ots).  Nach umfangreichen Ermittlungen der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung München im Auftrag der Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein für grenzüberschreitende Kriminalität nach dem sog. „Traunsteiner Modell“ gegen ein Schleusernetzwerk wurde am 11.08.2022 am Landgericht Traunstein das Urteil gegen einen 37-jährigen Syrer gesprochen.

Ausgangspunkt des Strafverfahrens waren Ermittlungen zu insgesamt 19 Schleusungsfällen mit mehr als 230 Geschleusten inklusive mehrerer Behältnisschleusungen (über 30 Geschleuste in einem LKW) im Zeitraum ab Ende des Jahres 2020, die nach Überzeugung der 2. Strafkammer des Landgerichts Traunstein durch den Angeklagten organisiert wurden. Der Angeklagte wurde deswegen nun zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt, zudem ordnete das Gericht die Einziehung eines Teils des erwirtschafteten Schleuserlohns in Höhe von 216.700,- Euro an. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte der Angeklagte in allen Fällen dem Ziel, fortgesetzt nicht nur unerhebliche Einkünfte zu erzielen. Aufgrund der erdrückenden Beweislast war der Angeklagte in der Hauptverhandlung schließlich geständig. Ihm konnte nachgewiesen werden, dass er als Organisator einer internationalen Schleuserbande agierte.


Dafür sind die Geschleusten, bei denen es sich um Migranten überwiegend syrischer Herkunft handelte, über die sogenannte „Balkanroute“ zunächst mit Lastkraftwägen aus Serbien über Rumänien nach Österreich und anschließend nach Deutschland gebracht worden. Von dort wurden die Migranten in Personenkraftwägen oder Kleintransportern in weitere westeuropäische Länder geschleust.

Unter der Leitung einer Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein, die nach dem sog. „Traunsteiner Modell“ für die Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität zuständig ist, ermittelte die Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung München ab dem Jahr 2020 gegen diese Tätergruppierung um den 37-jährigen mutmaßlichen Haupttäter, die vernetzt vorrangig syrische Staatsangehörige auf der Balkanroute nach Deutschland sowie in andere Länder Mittel- und Westeuropas geschleust haben soll. Im Rahmen des international koordinierten Ermittlungsverfahrens ordnete die Staatsanwaltschaft Traunstein die Durchführung komplexer verdeckter Maßnahmen an.

Diese wurden durch Ermittler der speziell auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Bereich von Schleusungsdelikten ausgerichteten und dafür ausgestatteten Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung München umgesetzt. Das Verfahren wurde in enger justizieller und polizeilicher Zusammenarbeit mit Österreich und Rumänien koordiniert und durch Europol und Eurojust geführt. Es war Teil einer durch Europol initiierten Operational Task Force, bei der Angeklagte als mutmaßlicher Großschleuser und sogenanntes „High Value Target“, identifiziert wurde. Nach umfangreichen Ermittlungen konnte der Angeklagte letztlich an seinem Wohnort in Norddeutschland festgenommen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Hintergrund: Das sogenannte „Traunsteiner Modell“ zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität wurde inzwischen bei 9 bayerischen Staatsanwaltschaften eingeführt. Die jeweiligen Spezialabteilungen arbeiten bei der Verfolgung von international agierenden Schleuserbanden, Drogen- und Waffenhändlern nicht nur eng mit den ausländischen Polizei- und Justizbehörden zusammen, sondern auch mit Eurojust und Europol. Ziel ist es, durch eine Spezialisierung, Intensivierung und Koordinierung internationaler Ermittlungen erfolgreich Strukturermittlungen zur Ergreifung und Überführung der Hintermänner durchzuführen. Unter einer durch Europol eingerichteten Operational Task Force wird eine vorübergehend eingesetzte Gruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten und Europol verstanden, die es sich, basierend auf einem multinationalen und multidisziplinären Ansatz, zum Ziel setzt, gemeinsam identifizierte und verfolgte internationale High Value Targets aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität zu identifizieren, lokalisieren und festzunehmen. Wesentliches Element ist dabei der durch Europol kanalisierte, internationale Informationsaustauch, der dem gemeinsamen Ziel dient.

Unter dem Schirm einer Operational Task Force ergibt sich -durch größere Ressourcen für eine phänomenbezogene Auswertung, deutlich verkürzte und intensivierte Kommunikationsstrukturen sowie Optionen zur finanziellen Unterstützung einzelner Ermittlungsmaßnahmen – eine erhebliche Steigerung der rechtsstaatlichen Schlagkraft im Kampf gegen kriminelle Netzwerke, die sich ihrerseits der durch Digitalisierung und Globalisierung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bedienen.

(Bericht und Bild: Bundespolizei München)