Oberpfalz / Bayern / Deutschland / Welt

Regensburg – Preisträgerinnen des künstlerischen Wettbewerbs „Notruf 1215“

Bericht der Stadt Regensburg / Bild: Symbolbild

Regensburg.  Im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche haben Kulturamt und Umweltamt gemeinsam einen künstlerischen Wettbewerb ausgerufen. Kulturschaffende aller Sparten waren eingeladen, unter dem Motto „Notruf 1215“ Beiträge einzureichen – von Grafik, Malerei und Fotografie über Literatur oder Musik bis hin zur Architektur. Nun stehen die ausgewählten Werke fest. Eine öffentliche Präsentation aller Preisträgerinnen im Rahmen einer Ausstellung ist für Herbst 2021 geplant.

Die Aktion „Notruf 1215“ nimmt die beiden Ziele 12 und 15 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in den Blick und regt zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit drängenden Problemen unserer Gegenwart an: Ziel ist es, nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster zu stärken, die respektvoll mit den natürlichen Grenzen des Planeten umgehen. Andererseits geht es darum, das Leben an Land mit seinen diversen Ökosysteme zu schützen und eine verantwortungsvolle Nutzung zu fördern. Die insgesamt 17 Ziele der Agenda 2030 verdeutlichen den Auftrag für Politik und Gesellschaft, einen durchgreifenden Wandel auf allen Ebenen herbeizuführen.

„Wir haben erstmals versucht, eine positive Brücke zwischen Umweltschutz und Kunstgeschehen zu schaffen“, so Bürgermeister Ludwig Artinger. „Die gesellschaftlichen Schritte zu einem nachhaltigen Leben sollen auch durch Kunst und Kultur miteinander verknüpft werden.“

Kulturreferent Wolfgang Dersch freut sich über die gelungene Zusammenarbeit zwischen den Ämtern an der Schnittstelle von Kunst, Natur und Nachhaltigkeitspolitik, die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gemeinsam begegnet, Transformationsprozesse kritisch begleitet und den Weg in eine nachhaltige Zukunft aufgezeigt: „Gerade Kunst und Kultur verfügen über das Potenzial, alte Denkmuster aufzubrechen und neue Impulse zu setzen. Neben all den Daten und Fakten vermögen sie auf bewegende Weise zu sensibilisieren, Zusammenhänge sichtbar zu machen und einen emotionalen Zugang schaffen.“

 

Kunst und Krempel

Die Kategorie „Kunst und Krempel“ lotet auf innovative Art und Weise die vielfältigen Dimensionen nachhaltigen Konsums aus und nimmt auf Ziel 12 der Agenda 2030 Bezug. Dabei entstanden Werke, Objekte oder Konzepte, die sich der Materialästhetik des Upcycling verschrieben haben. Was die Gesellschaft achtlos wegwirft, lässt sich kreativ in Kunst verwandeln. Diese revolutionäre Vorstellung blickt in der Kunstgeschichte bereits auf eine lange Tradition zurück. Zudem erforschen die Arbeiten die ökologischen Herausforderungen mit den Mitteln der Kunst und kritisieren die fatalen Konsequenzen unserer Wegwerfgesellschaft.

Den dritten Platz belegt die Illustratorin Jutta Sonnleitner mit ihrer ironischen Upcycling-Arbeit, die das künstlerische Potenzial von FFP2-Masken, ein inzwischen alltäglicher Gegenstand, pointiert auslotet. Dabei verknüpft sie spielerisch das aktuelle Pandemie-Geschehen mit den negativen Auswirkungen der weltweit überbordenden Müllproduktion.

Der zweite Platz geht an Sophie Marleene Put und ihre Ballade für die Nachhaltigkeit mit dem Titel „Steff der starke Storch“. Gemeinsam mit Steff begibt sich das lyrische Ich auf eine bemerkenswerte Weltreise und kommt zu dem Schluss: „Und wenn es dann nur eine tut, dann kann das vielleicht echt nichts wenden, doch es muss immer jemand anfangen, nur so kann es in was Größerem enden.“

Johanna Kaljanac, Absolventin des Instituts für Bildende Kunst und Ästhetische Erziehung an der Universität Regensburg, belegt mit ihrer installativen und raumgreifenden Plastik UNTITLED den ersten Platz. Zunächst wirkt dieses über 3 Meter hohe begehbare Objekt wie ein überdimensionales Fundstück aus der Natur. Bei näherer Betrachtung offenbart sich jedoch eine bewusst hervorgerufene Irritation: Das Kunstwerk besteht aus Metall und Plastik, künstlich vom Menschen erzeugte Werkstoffe, die in unserer Welt omnipräsent sind. Dadurch schafft die Künstlerin einen ästhetischen Erfahrungsraum, der einen Prozess des Nachdenkens in Gang setzt.

Natur und Neues

Die eingereichten Werke für die zweite Kategorie „Natur und Neues“ thematisieren Ziel 15 der Agenda 2030. Für die Zukunft werden maßgeschneiderte Konzepte für ein nachhaltiges Leben an Land benötigt, die eine positive soziale und wirtschaftliche Entwicklung mit dem Schutz der natürlichen Ressourcen wie Böden, Wälder und Biodiversität in Einklang bringen. Künstlerinnen und Künstler schöpften bei diesem Aufruf aus dem reichhaltigen Materialschrank der Natur und verwandelten Pflanzen, Äste oder andere Naturalien in Kunst. Denkbar waren auch Auseinandersetzungen mit dem Artensterben, Waldrodungen oder der Landwirtschaft in allen Sparten und Gattungen.

Der dritte Platz ging an die Künstlerin Barbara Wimmer-Bulin, die in ihren Fotografien und Fotomontagen der Werkserie „Der letzte Halm“ das dramatische Artensterben thematisiert. Die minimalistische Ästhetik sowie die reduzierte Farbigkeit ihrer melancholischen Aufnahmen stehen im bewussten Kontrast zur bunten und lebendigen Vielfalt an Insekten.

Die Künstlerin Regina Hellwig-Schmid begeisterte die Jury mit ihrer eindrucksvollen Installation „one cup ≙ 140 litre“, die zuletzt auf der BID21ART – Biennale Internazionale Donna in Triest, Italien zu sehen war. Die raumgreifende Arbeit aus gebrauchten Kaffeesäcken macht den ökologischen Fußabdruck sichtbar, den eine einzige Tasse Kaffee auf der Erde hinterlässt.

Den ersten Platz belegt die Architekturstudentin Susanne Kreipp, die im Rahmen ihrer Bachelorarbeit ein überzeugendes Konzept für einen idealtypischen Bauernhof vorlegt. Entstanden ist ein zeitgenössischer Entwurf für einen Vierseithof in Holzbauweise, der ökologische Bio-Landwirtschaft, regionale Vermarktung und zukünftiges Wohnen wie Leben auf dem Land unter Gesichtspunkten des nachhaltigen Bauens vereint.

Hintergrund
Gemeinsam mit dem Netzwerk Nachhaltigkeit und mit Unterstützung der Universität Regensburg sowie der Ostbayerischen Technischen Hochschule organisierte die Stadt Regensburg vom 31. Mai bis 6. Juni 2021 die erste stadtweite Regensburger Nachhaltigkeitswoche. Rund 150 Veranstaltungen haben die Stadtgesellschaft zum Nachdenken angeregt, vorbildliches Engagement sichtbar gemacht und gezeigt, wie jede und jeder Einzelne einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 leisten kann – hier vor Ort, aber auch global.