„30 Jahre nach der Wiedervereinigung und 16 Jahre nach dem endgültigen Fall des Eisernen Vorhangs, sind wir im Herzen Europas angekommen. Seitdem hat sich unsere Heimat, auch dank der großen staatlichen Unterstützung, gut entwickelt. Den jahrzehntelangen Strukturwandel und die damit verbundenen hohen Arbeitslosenzahlen, haben wir so überwinden können. Wir haben starke und krisenfeste Unternehmen, die zum Standort im Landkreis stehen und immer wieder hier investiert haben. Durch diese strukturelle Aufholjagd hat die gesamte Region ein neues Selbstbewusstsein bekommen. Jetzt könnte uns gerade diese gute Entwicklung auf die Füße fallen und die wichtige regionale Wirtschaftsförderung zum Teil wegbrechen“, so Europaabgeordneter Christian Doleschal.
Hintergrund ist der Entwurf der Regionalleitlinien, in denen die europäische Kommission vorgibt in welche Regionen Europas staatliche Wirtschaftsförderung fließen dürfen. Die Deutschland zustehenden Regionalfördergebiete würden nach derzeitigem Stand, für die kommende Förderperiode ab dem Jahr 2022, drastisch reduziert werden.
„Schon bei den Verhandlungen um die noch laufende Förderperiode, sind wir nur mit Glück noch Fördergebiet geworden. Jetzt müssen wir erneut in den Ring steigen und für den Erhalt der Fördergebiete kämpfen“, erklärt Doleschal.
Auch der Landkreis Tirschenreuth, sowie zahlreiche weitere Landkreise an der Grenze zu Tschechien wären betroffen. Auf tschechischer Seite würden die Fördergebiete hingegen nahezu unverändert bestehen bleiben, sodass sich ein erhebliches Fördergefälle zwischen den angrenzenden Regionen ergeben würde.
„Unser Landkreis grenzt unmittelbar ein tschechisches Höchstfördergebiet. Wenn unser Fördergebiet jetzt ganz wegfällt, haben wir im schlimmsten Fall ein Fördergefälle von 40 Prozent. Das würde die Standortbedingungen erheblich verzerren und eine unschöne Konkurrenzsituation schaffen. Unsere Unternehmen werden es sich in einer solchen Lage ernsthaft überlegen, ob sie bei uns oder in Tschechien investieren. Unser fragiler wirtschaftlicher Gesundungsprozess in der Region würde erheblich ins Stocken geraten, oder gar stoppen“, äußert sich auch Landrat Roland Grillmeier besorgt.
In einer ähnlichen Situation befinden sich auch Nachbarlandkreise; hier werde man den Schulterschluss suchen und auch gemeinsam im bayerisch-tschechischen Grenzraum auftreten.
Landrat Grillmeier erscheint es wichtig, dass hier auf allen politischen Ebenen – Land – Bund und Europa entsprechend gehandelt wird. Dies bat er auch MdEP Doleschal als Vertreter des Raums entsprechend mit zu koordinieren.
„In den letzten zehn Jahren konnten mithilfe der regionalen Wirtschaftsförderung 149 Investitionen mit einem Gesamtvolumen von 379 Mio. Euro im Landkreis Tirschenreuth gefördert werden. Geschaffen wurden damit 804 neue Arbeitsplätze, 6.147 Arbeitsplätze wurden gesichert. Das zeigt wie wichtig der Erhalt der Fördergebiete für uns ist“, verdeutlicht Landrat Grillmeier.
„Damit diese Investitionen auch weiterhin in der Region bleiben, haben wir ein Netzwerk aus Landräten, Abgeordneten und Kammern aufgebaut, die hier an einem Strang ziehen. Als stärksten Partner haben wir die bayerische Staatsregierung an unserer Seite, die sich massiv für die Grenzregion einsetzt. Im nun abgeschlossenen Konsultationsverfahren zu den Regionalleitlinien haben wir unsere Argumente und Bedenken eingebracht. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Kommission, als Herrin des Verfahrens, nochmal einlenkt und die Leitlinien überarbeitet“, so der Europaabgeordnete Doleschal und ergänzt abschließend: „Die Lage an der Grenze, hat für unsere heimische Wirtschaft das Tor für viel Positives geöffnet. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir dadurch auch immer mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen haben. Unterschiede im Sprach- und Rechtsraum führen zwangsläufig zu Hemmnissen und Unsicherheiten, die es in anderen Regionen so nicht gibt. Dieser besonderen Situation muss von der EU-Kommission auch endlich anerkannt werden und die Methodik zur Berechnung der Fördergebiete angepasst werden.“
Bericht und Bild: Landratsamt Tirschenreuth