Zentrale Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Sonntagvormittag
Am Sonntag den 13.11.2022 um 11.30 Uhr findet die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag der Stadt Neumarkt im Eichelgarten an der Regensburger Straße statt, zu dem die Bevölkerung herzlich eingeladen ist. In diesem Jahr ist dies zugleich die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der Oberpfalz. Daher wird Oberbürgermeister Thomas Thumann dazu auch den Bezirksvorsitzenden des Volksbundes Regierungspräsident a. D. Axel Bartelt begrüßen können, der ein Grußwort sprechen wird. Dabei sein wird auch Landrat Willibald Gailler, der als Kreisvorsitzender das Totengedenken des Volksbundes sprechen wird.
Bei der Gedenkfeier werden außerdem Domkapitular Stadtpfarrer Norbert Winner und Pfarrer Michael Murner Psalmen und Gebete sprechen, während Schülerinnen und Schüler des Willibald-Gluck-Gymnasiums und des Ostendorfer Gymnasiums Gedanken zu Frieden und Freiheit vortragen werden. Oberbürgermeister Thumann wird in seiner Ansprache die Bedeutung des Volkstrauertages darlegen und zeigen, wie wichtig es gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Ukraine ist, auf die schrecklichen Folgen von Kriegen hinzuweisen. Die Kranzniederlegung durch Oberbürgermeister Thumann und die Ehrengäste sowie durch Mitglieder des Soldaten- und Reservistenverbandes bildet den Abschluss der Gedenkfeier, die mit der Europahymne enden wird. Musikalisch umrahmt werden die einzelnen Programmteile von der Werkvolkkapelle Neumarkt. Den früher üblichen Trauerzug vom Rathaus zum Kriegerdenkmal gibt es bereits seit Jahren nicht mehr.
Der Volkstrauertag geht auf den Ersten Weltkrieg zurück. Auf Vorschlag des 1919 gegründeten Volksbundes Deutsche Kriegsgräbervorsorge war er als Gedenktag für die Kriegstoten von 1914 bis 1918 eingeführt worden. Die erste offizielle Feierstunde fand vor 100 Jahren, im Jahr 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt. Der damalige Reichstagspräsident Paul Löwe rief dabei eindringlich zur „Abkehr vom Hass“ auf und warb für Versöhnung und Verständigung. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der Volkstrauertag auf den 16. März verlegt und zum staatlichen „Heldengedenktag“ umfunktioniert. Erst 1945 konnte mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges dem Tag wieder eine andere Bedeutung gegeben werden. 1952 wurde er auf Betreiben des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Tag „der nationalen Trauer“ eingeführt. Er ist durch Landesgesetze geschützt und ist auf den Sonntag festgelegt, der zwei Wochen vor dem ersten Advent im Kalender steht.
Seit 1945 wird am Volkstrauertag auch der zivilen Opfer der Kriege gedacht. Neben das Gedenken an tote Soldaten tritt damit auch die Erinnerung an Frauen, Kinder und Männer, die in besetzten Ländern und in Deutschland zu Opfern von Krieg und Gewalt geworden waren. Darüber hinaus wird an diesem Tag den Opfern von Diktaturen gedacht und an Menschen erinnert, die aus politischen, religiösen oder sogenannten rassischen Gründen verfolgt worden sind und werden. Daher wird am Volkstrauertag den Opfern von Krieg und Gewalt gedacht, gleichzeitig zu Versöhnung, Verständigung und Frieden aufgerufen. Dies wird auch am 13. November 2022 in Neumarkt wieder so sein. Zum einen bei der zentralen Gedenkfeier um 11.30 Uhr, aber auch bei den jeweiligen Feiern in einigen Stadtteilen, die zu unterschiedlichen Terminen abgehalten werden. Die Katholische und Evangelische Kirche nimmt bei den Gottesdiensten am Volkstrauertag ebenfalls Bezug zu diesem Gedenktag.
Stadt gedenkt der Pogromnacht mit Blumengebinde am Gedenkstein für jüdisches Leben
Wie schon seit vielen Jahren gedenkt die Stadt Neumarkt auch heuer den Geschehnissen in der so genannten Reichspogromnacht 1938 in Neumarkt. In Erinnerung daran und an die danach folgenden schrecklichen Geschehnisse hat Oberbürgermeister Thomas Thumann heute am 9. November ein Gesteck und eine Kerze am Gedenkstein für jüdisches Leben in der Ringstraße ablegen lassen. Dieser war 1995 von der Stadt zusammen mit dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern errichten lassen. „Auch in Neumarkt hat es in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 schlimme Ausschreitungen und gewaltsame Aktionen gegeben, bei denen alle Neumarkter Juden ins Gefängnis gebracht wurden und sogar zwei jüdische Mitbürger zu Tode kamen“, erinnert das Stadtoberhaupt an die Geschehnisse. „Die Synagoge wurde sogar völlig verwüstet, nachdem sie zuvor gestürmt worden war. Anschließend wurde sie dauerhaft geschlossen.“ Die 1868 erbaute Synagoge stand an der Ecke Hallertorstraße/Hafnergasse im Zentrum Neumarkts. In der Nacht zum 10. November 1938 waren Mitglieder SA und der NSDAP in die Synagoge eingebrochen und hatten wahllos die Einrichtung zertrümmert. Bis zu 100 Personen wüteten dabei in der Synagoge. Jüdische Mitbürger wurden geschlagen und misshandelt. Eine Gedenktafel am Gebäude der früheren Synagoge an der Ecke Hallertorstraße/Hafnergasse erinnert an die Pogromnacht vom 09. November 1938. „Auch der jüdische Friedhof an der Gießereistraße wurde in dieser Nacht geschändet und es wurden Grabsteine umgeworfen“, erinnert Oberbürgermeister Thumann an die Geschehnisse. „Und danach durfte der jüdische Friedhof bis Kriegsende nicht mehr geöffnet werden“. Die Reichspogromnacht gilt als der Auftakt zur systematischen Judenverfolgung in Deutschland und später in ganz Europa, in dessen Verlauf viele Millionen jüdische Bürger in Konzentrationslagern, auf Transporten, durch medizinische und andere Versuche sowie auf andere Weise ermordet worden sind.
In dem Zusammenhang unterstreicht Oberbürgermeister Thumann, dass sich die Stadt Neumarkt schon seit vielen Jahren ihrer Geschichte im Nationalsozialismus stellt. So habe er in seiner Amtszeit den Auftrag für ein eigenes Buch zu diesem Thema gegeben, das 2010 unter dem Titel „Neumarkt im Nationalsozialismus 1933-1945“ von den Autoren Dr. Markus Urban und Kathrin Kasparek erstellt wurde. In dieser wissenschaftlichen Dokumentation widmet sich die Stadt erstmals umfassend ihrer Geschichte im Dritten Reich. Schon zuvor habe es verschiedene Aktivitäten der Stadt gegeben, etwa die Internationale Jugendbegegnung als Instrument zur Aussöhnung. Auch die Aktionen des Ostendorfer Gymnasiums zum Schicksal der Neumarkter Juden, insbesondere über die Jüdin Ilse Haas, mit dem daraus entstandenen preisgekrönten Musical „Der letzte Brief“ seien erwähnenswert. Daraus entstanden die Kontakte zu den Gebrüdern Haas und in Folge dessen dann die Einladung durch die Stadt zu deren Besuch in Neumarkt. Dabei erfolgte in einem großen Festakt die Namensgebung des Wegs durch den Stadtpark als Ilse-Haas-Weg.
Schon seit den 60er Jahren pflegt die Stadt zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Kriegsgräberfriedhof am Föhrenweg mit über 5.000 Toten als wichtiges Mahnmal für den Frieden. Im Stadtteil Wolfstein steht darüber hinaus ein Friedenspark, bei dem ein Friedenskreuz und ein Bronzemodell des Durchgangslagers als Erinnerung an die Opfer der Kriegsgefangenen aufgestellt sind. Schon 2008/2009 hat die Stadt eine Ausstellung im Stadtmuseum zum Thema „Neumarkt in der NS-Diktatur. Eine Zwischenbilanz“ durchgeführt und eine weitere Ausstellung widmete sich diesem Thema unter dem Titel „Wider das Vergessen – Neumarkter Lebenswege 1919 bis 1945“. Schon vor über 20 Jahren hatte es eine Ausstellung zur Nachkriegszeit unter dem Titel „Aus Ruinen auferstanden“ gegeben.
Auch die Arbeiten von Hans-Georg Hirn und die Verleihung des Kulturpreises an ihn, der sich maßgeblich und intensiv mit der jüdischen Geschichte in Neumarkt und der Region befasst hatte, gehören in diesen Zusammenhang. Sein Werk „Jüdisches Leben in Neumarkt und Sulzbürg“ war ebenfalls von der Stadt gefördert worden. An zahlreichen Stellen in der Stadt sind inzwischen auch sogenannte Stolpersteine zur Erinnerung an ermordete bzw. vertriebene jüdische Mitbürger angebracht worden. „Wir sehen die Erinnerungskultur als wichtige Aufgabe an, auch damit so schreckliche Ereignisse nicht mehr geschehen können“, so Neumarktes Oberbürgermeister Thumann. „Dass diese Mahnung weiter wichtig ist, zeigen uns die aktuellen Vorkommnisse gerade in der Ukraine, aber auch andernorts auf der Welt leider immer wieder sehr deutlich.“
(Bericht und Bild: Stadt Neumarkt)