Bericht: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft / Bild: Symbolbild
Nach derzeitigen Entwicklungen wird mit einem weiteren jährlichen Zuwachs von bis zu 30 Prozent gerechnet. Dieser herausragende Erfolg für den Artenschutz fordert insbesondere die Weidetierhalter, aber auch andere Bereiche, wie die Jagd oder den Tourismus heraus. Zudem führt er zu einer übergreifenden öffentlichen Diskussion und löst insbesondere im ländlichen Raum oftmals Sorgen und Ängste aus.
Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ist ein Erfolg des Artenschutzes. Doch alle drei bis vier Jahre verdoppelt sich der Wolfsbestand. Durch die vermehrte Ausbreitung nehmen auch Wolfsrisse zu: Die Anzahl von verwundeten und getöteten Tiere ist von 40 Tieren im Jahr 2006 auf rund 2.900 Tiere im Jahr 2019 angestiegen. Mit 86 Prozent überwiegen dabei Angriffe auf Schafe und Ziegen.
Auch andere Gruppen, zum Beispiel Jäger, begegnen Schwierigkeiten. Wölfe ernähren sich vor allem von Wild. In Wolfsgebieten kann es deswegen zu vermehrter Rudelbildung von Schwarz- und Rotwild kommen. Dies kann wiederum zu erschwerter Bejagung sowie entsprechenden Schäden am Baumbestand führen.
Umfassend geschützt
Entsprechend der europäischen Richtlinien ist der Wolf besonders geschützt. Es ist verboten, geschützte Tiere zu fangen oder sie zu töten, denn wildlebende Tier- und Pflanzenarten sollen zugunsten der biologischen Vielfalt bewahrt oder wiederangesiedelt werden.
Dies regeln nachfolgende Regelwerke:
- Berner Konvention,
- Flora- Fauna- Habitat- Richtlinie,
- Bundesnaturschutzgesetz.
Kabinettsbeschluss zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes
Das Bundeskabinett brachte am 22. Mai 2019 eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) auf den Weg, die am 13. März 2020 in Kraft getreten ist. Ziel sind ein besserer Schutz der Weidetierhaltung und ein Beitrag zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Regionen, wo Wölfe sich in oder in der Nähe von Wohngebieten aufhalten.
Die Gesetzesänderung erlaubt die erleichterte Entnahme „problematischer“ Wölfe. Für Nutztierhalter reicht als Grundlage für eine Abschussgenehmigung aus, dass ihnen ernste wirtschaftliche Schäden drohen. Bisher musste der betroffene Tierhalter in seiner Existenz bedroht sein. Zudem ist nun ein Abschuss auch dann möglich, wenn unklar ist, welcher einzelne Wolf die Nutztiere gerissen hat. Es dürfen so lange einzelne Rudelmitglieder in der jeweiligen Gegend entnommen werden, bis es keine Angriffe auf Nutztiere mehr gibt. Die Änderung schafft mehr Rechtssicherheit im Umgang mit dem Wolf und regelt u.a. auch den Umgang mit Wolf-Hund-Hybriden.
Weide- und Nutztierhaltung im Einklang mit dem Wolf
Mehr Wölfe und deren umfassender Schutz dürfen nicht zu weniger Nutztierhaltung im Freien führen. Denn Weidehaltung trägt zum Tierschutz und Erhalt von Grünland bei und ist insbesondere für ökologisch wirtschaftende Betriebe relevant.
Dafür sind Präventionsmaßnahmen notwendig. Im Umgang mit dem Wolf muss eine für alle Beteiligten sachgerechte Lösung gefunden werden, die ökologisch sinnvoll und gesellschaftlich akzeptiert ist. Das BMEL führt daher Gespräche mit Betroffenen und Vertretern der Weidetierhalter zur Erarbeitung von Lösungsansätzen zwischen Wolfsschutz und Nutztierhaltung. Auch auf europäischer Ebene setzt sich das BMEL aktiv für eine Entschärfung der Konfliktsituation und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen der Weidetierhaltung und dem Artenschutz ein.
Neuerrichtung des Bundeszentrums Weidetiere und Wolf
Im Geschäftsbereich des BMEL wurde das „Bundeszentrum Weidetiere und Wolf“ auf den Weg gebracht. Es soll u.a. folgende Aufgaben erfüllen:
- Erstellung einer länderübergreifenden Übersicht – jährlich aktualisiert – der angewandten Herdenschutzmaßnahmen (Zaun, Herdenschutzhunde etc.), insbesondere in Wolfsgebieten einschließlich der Erfassung, der bei diesen Herdenschutzmaßnahmen dennoch stattgefundenen Übergriffe, möglichst mit Ursachenforschung.
- Optimierung von aktuell angewandten Schutzmaßnahmen u.a. durch Rückkopplung mit Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft, betroffenen Praktikern und betroffenen Verbänden (ggf. Gründung einer AG).
- Vorschlag neuer Forschungsprojekte zur Entwicklung neuer Herdenschutzmaßnahmen und ggf. neuer Verfahren u.a. durch Nutzung der Digitalisierung.
- Entwicklung und Optimierung von Abläufen des Verfahrens nach einem Übergriff sowie Verbesserung der Verfahren der Entschädigungspraxis in Zusammenarbeit und enger Abstimmung mit den Ländern,
- Klärung von Fragen der Finanzierung und Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Finanzierung des Herdenschutzes, inklusive Arbeitszeitaufwand.
- Förderung des Dialogs zwischen Weidetierhaltern, den Verbänden des Naturschutzes und der Öffentlichkeit.
- Strategische Überlegungen zur Regulierung des Wolfes aus Sicht der Weidetierhaltung