Leider ist es auch heute noch eine Tatsache, dass es in erster Linie Frauen und Kinder sind, die in häuslichen Gemeinschaften von Gewalt betroffen sind. Studien zeigen, dass in Deutschland jede vierte Frau Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Man kann außerdem davon ausgehen, dass in Deutschland jedes fünfte Kind in einem Haushalt aufwächst, in dem es regelmäßig zu Gewalt kommt.

Die in Deutschland bereits seit 2018 in Kraft getretene Istanbul-Konvention verpflichtet sowohl die staatlichen Behörden als auch die Rechtspraxis, gewalttätige Vorfälle bei einer Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht zu berücksichtigen.


Dieser Verantwortung nahm sich jetzt der Regensburger Runde Tisch gegen häusliche Gewalt an. Am 24.05.2023 waren insbesondere Familienrichterinnen (m, w, d), Anwältinnen (m, w, d), Fachkräfte der Jugendämter, Erziehungsberatungsstellen und Frauenhäuser, Verfahrensbeistände und Fachleute der Polizei eingeladen, sich intensiv mit den Folgen von häuslicher Gewalt für Kinder zu beschäftigen. Mit über 175 Anmeldungen war der Fachtag, der im Casino der REWAG stattfand, ausgebucht.

Dr. Sandra Dlugosch vom Sozialdienst Katholischer Frauen in München schilderte in ihrem Vortrag anschaulich, in welchem Netz aus Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit Kinder und Jugendliche gefangen sind, die häusliche Gewalt miterleben müssen. Sie sind nicht nur dabei, wenn ihre Väter ihre Mütter psychisch unter Druck setzen, demütigen oder es gar zu körperlichen Übergriffen kommt, sondern sie sind auch selbst unmittelbar von der Gewalt betroffen und durch die miterlebte Gewalt in ihrer Entwicklung gefährdet. Studien zeigen, dass für diese Kinder das Risiko signifikant erhöht ist, in ihrem Leben zu erkranken oder erhebliche soziale Nachteile zu erleiden. So ist insbesondere das Risiko für Schlafstörungen, Depressionen, Angstzustände, posttraumatische Belastungszustände, aber auch kognitive Beeinträchtigen deutliche erhöht.

Im Anschluss an diesen Vortrag klärte Ulrike Sachenbacher, Abteilungsleiterin am Familiengericht München, darüber auf, welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Regelung von Besuchskontakten zu beachten sind, wenn es Müttern gelungen ist, sich aus der gewalttätigen Partnerschaft zu lösen. Sie berichtete auch, wie am Familiengericht München in Fällen häuslicher Gewalt versucht wird, mittels eines speziellen Leitfadens den Schutz der Kinder sicherzustellen.

Schließlich stellten Ursula Geiger-Gronau von der Beratungsstelle der Frauenhilfe München und Dominik Fischer vom Männerinformationszentrum München ihr Beratungskonzept vor, das speziell auf Fälle von häuslicher Gewalt abgestimmt ist. Eltern werden im Rahmen einer zunächst getrennten Beratung – die dann behutsam zu einer gemeinsamen Beratung ausgedehnt wird – in die Lage versetzt, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und wieder Erziehungsverantwortung für ihre Kinder zu übernehmen.  Daneben werden die von Gewalt betroffenen Frauen stabilisiert und gestärkt, sowie die Männer befähigt, Verantwortung für ihre Gewalt zu übernehmen und ihr Verhalten zu ändern.

Der Regensburger Runde Tisch gegen häusliche Gewalt will sich auch in Zukunft dem Schutz von Kindern annehmen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.  So soll im Anschluss an den Fachtag überlegt werden, wie die Professionen, die mit häuslicher Gewalt zu tun haben, im Einzelfall noch besser vernetzt und die Verfahren optimiert werden können.

Bericht: Landratsamt Regensburg