Flossenbürg. Seit dem Jahr 2005 gibt es das Prädikat „Nationaler Geotop“. Ausgangspunkt war eine Ausschreibung der Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologien** (2004/2005), Vorschläge einzureichen. Aus ca. 180 Vorschlägen wurden von einer Jury daraus die „77 schönsten und bedeutendsten Geotope Deutschlands“ ausgewählt.
In Bayern wurden 14 Geotope ausgezeichnet, davon im Gebiet des GEOPARK Bayern-Böhmen drei: Felsenlabyrinth der Luisenburg im Fichtelgebirge, der Basaltkegel Hoher Parkstein und die Felsenlandschaft um Pottenstein.
Bundesweit am bekanntesten sind solche Nationale Geotope wie
- Insel Helgoland
- Meteoritenkrater Nördlinger Ries
- Siebengebirge am Rhein
- Bayerischer Pfahl
- Dauner Maare in der Eifel
- Elbsandsteingebirge
- Weltenburger Enge
Schon vor einigen Jahren wurde der Ruf lauter, dass weitere Geotope in den Rang eines „Nationalen Geotops“ erhoben werden könnten, da in der geologisch so vielseitigen Landschaft Deutschland es viele weitere Geotope mit großer Bedeutung und besonderer Schönheit gibt.
Während es 2004/2005 ein eher offener Wettbewerb war, ging man jetzt anders vor. Die jeweiligen Kandidaten wurden von den Geologischen Diensten der jeweiligen Bundesländer vorgeschlagen, insbesondere von denjenigen Personen, die sich „von Amts wegen“ mit den Geotopen beschäftigen. Die bisherige Zahl Nationaler Geotope sollte bundesweit von 77 auf 150 erweitert werden.
Das Landesamt für Umwelt hat in Bayern mehrere Kandidaten benannt, von denen acht in den Rang eines „Nationalen Geotops“ erhoben wurden. Dies sind:
- Höllental im Frankenwald (Lkr. Hof)
- Mühl- und Wetzsteinbrüche um Neubeuern (Lkr. Rosenheim)
- Moore der Rhön in Unterfranken (Lkr. Rhön-Grabfeld)
- Nagelfluhkette im Allgäu (Lkr. Oberallgäu)
- Goldberg von Goldkronach (Lkr. Bayreuth)***
- Gambacher Steige und der Kalbenstein (Lkr. Main-Spessart)
- Würzburger Quaderkalke (Lkr. Würzburg)
- Schlossberg Flossenbürg (Lkr. Neustadt an der Waldnaab)***
*** = im GEOPARK Bayern-Böhmen
Was sind Geotope?
Geotope sind Archive/Zeugnisse der Erdgeschichte einschließlich des Werdens von Landschaften und der Entwicklung des Lebens. Es sind Objekte an der Erdoberfläche, die dies dokumentieren, teils mit großer Singularität, teils mit besonderer Schönheit. Viele Geotope sind auch schon für den „Laien“ sehenswerte Gebilde in der Natur. Geotope können sein:
- “Aufschlüsse” (meist durch den Menschen geschaffen, wie Steinbrüche, Sandgruben)
- Gesteins- oder Landschaftsformen (natürlich entstanden, wie markante Felsen, Dolinen)
- Quellen, wie Tuffquellen
- Höhlen, wie Karsthöhlen
- Geohistorische Objekte, wie Stollen oder Felsenkeller.
Bereits seit 2001 gab es in Bayern das Projekt des Umweltministeriums „Die 100 schönsten Geotope von Bayern“. Zu diesen gehörte auch bereits der Flossenbürger Schlossberg.
Der Flossenbürger Schlossberg
Bereits die Silhouette des Flossenbürger Schlossberges mit freien, von Menschenhand behauenen Felsen und überthront von der Ruine der mittelalterlichen Burganlage lässt das Herz eines jeden höher schlagen, insbesondere das der Geologen. Markant ist die zwiebelschalige Absonderung des Granits, die domkuppelartige innere Struktur des Schlossberges. In seinem inneren Aufbau ist der Schlossberg ein Lehrbuchbeispiel eines Granitdoms – besonders schön und deutlich aufgeschlossen durch den jahrhundertelangen Abbau in mehreren Steinbrüchen.
Entstanden sind die Zwiebeln durch die Entspannung des Granits, der in vielen Kilometern Tiefe aus Magma erstarrt ist. Wird die Auflast durch Abtragung in Jahrmillionen entfernt, entspannt sich der Granit wie ein zuvor zusammengedrückter Tennisball. Das Gestein entspannt senkrecht zur Oberfläche. Die dabei entstehende Zugspannung lässt das Gestein parallel zur Erdoberfläche, in diesem Fall ein Hügel, aufplatzen. Auf den einzelnen Zwiebelschalen in den aufgelassenen Steinbrüchen kann der Fachmann an den Strukturen sogar sehen, wie sich die Risse Schritt für Schritt entwickelt haben.
Der Flossenbürger Schlossberg ist aber nicht nur „Geologie“. Die offenen Felsen, Halden und die Magerrasen sind Sonderstandorte für eine große Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen, insbesondere bei den Pflanzen Farne, Moose und Flechten. So sind große Teile des Schlossberges als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Zum Flossenbürger Schlossberg gehört auch die Geschichte des Granitabbaus durch viele Jahrhunderte, beginnend mit dem Bau der mittelalterlichen Burganlage und letztlich bis in die 1960 er Jahre.
Der Schlossberg Flossenbürg ist das Wahrzeichen des Naturparks Nördlicher Oberpfälzer Wald und findet sich daher in dessen Logo wieder.
Die Zukunft am Flossenbürger Schlossberg
Im Auftrag der Gemeinde Flossenbürg wurde – finanziert über den Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald – ein längerfristiges Entwicklungs- und Besucherlenkungskonzept u.a. für den Schlossberg erarbeitet. U.a. soll im Zuge der Umsetzung der schon länger bestehende „Weg des Granits“ saniert werden. In diesen Weg integriert, jedoch als eigenständiges Projekt, wird es ein „Informationszentrum Flossenbürger Schlossberg“ im alten Steinbruch am Burgweiher geben. Dies wertet dieses einzigartige Nationale Geotop nochmals auf.
Sanierung „Steinhauerhaus“ / Informationszentrum Flossenbürger Schlossberg
Das inzwischen vom Grün des Naturschutzgebietes überwucherte ehemalige Betriebsgebäude im alten Steinbruch am Burgweiher („Steinhauerhaus“) soll in den nächsten beiden Jahren saniert werden. Dort einziehen wird dann das Informationszentrum Flossenbürger Schlossberg. Dem jetzigen Flachbau wird ein Holzkubus aufgesetzt, aus dem man über ein großes Panoramafenster einen freien Blick in das unvergleichliche Panorama des Steinbruchs mit der darüber ruhenden Burgruine haben wird. Im Erdgeschoss werden Schauobjekte und Informationstafeln auf die Besonderheiten der Geologie, des Naturschutzgebietes und des Abbaus hinweisen. Das Gebäude soll auch für Veranstaltungen genutzt und in Führungen, u.a. durch Geoparkranger, einbezogen werden.
Das Projekt „Infozentrum im alten Steinhauerhaus“ ist eingebettet in ein größeres Interreg-Projekt im Rahmen der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit zwischen Bayern und Tschechien (Ziel-ETZ).
Dank der Weitsicht des Flossenbürger Gemeinderates, welcher dem Interreg-Projekt bereits im Jahr 2019 mehrheitlich zugestimmt hat, wurde die Umsetzung nun vor wenigen Tagen bewilligt.
Diese freudige Nachricht wurde der Gemeinde Flossenbürg am 21.07.2020, im Rahmen einer Feierstunde zur Verleihung der Auszeichnung “Nationaler Geotop Schlossberg Flossenbürg“ eröffnet.
Umbau, Konzeption und Ausstattung des Infozentrums werden rund 500.000 Euro kosten, wobei die Förderung durch die Europäische Union 85 % beträgt. Eine weitere Kofinanzierung für das Info-Haus kommt u.a. vom Amt für Ländliche Entwicklung, welche dieses länderübergreifende Projekt ebenfalls unterstützen.
„Spiegelprojekte“ der Projektpartner sind u.a. die Erweiterung des Besucherbereiches im mittelalterlichen Zinnbergwerk Hieronymus im Kaiserwald, die Sanierung mehrerer Granitbrunnen im Ortskern von Planá sowie mehrere Forschungsstudien, u.a. zur Geschichte des Natursteinabbaus im bayerisch-tschechischen Grenzraum oder die Nutzung sogenannter Kanate (Wassergewinnungsstollen) im Granit. Partner in dem Projekt sind der GEOAPRK Bayern-Böhmen (LEAD-Partner), die Gemeinde Flossenbürg, die Stadt Planá und das Museum Sokolov als Träger des Geoparks in der Region Karlsbad. Weitere Kooperationspartner sind das Stadtmuseum Franzensbad, das Stadtmuseum Asch, die Montanstiftung Nordostbayern, das GEO-Zentrum an der KTB sowie das Granitzentrum Bayerischer Wald in Hauzenberg.
Bericht und Bild: Jonas Meiler / Gemeinde Flossenbürg