Neumarkt.  Letztendlich ist es ein flammender Appell gewesen, den die Teilnehmer der Podiumsdiskussion des Bezirksverbandes der Mittelstands-Union (MU) am Montagabend im Maybach Museum in Neumarkt als Fazit zogen. Und der lautete: Die Krise ist für den Mittelstand in vielen Bereichen auch eine Chance.

Allerdings nur dann, wenn den Menschen Verlässlichkeit garantiert ist, die mittelständischen Betriebe ohne überhand nehmende Bürokratie arbeiten können und es in Deutschland wieder mehr Macher, die sich auf ihre Stärken besinnen, geben wird. „Wir müssen auch in der Krise marktwirtschaftlich handeln und nicht nur dann, wenn es gut geht. Arbeit muss sich lohnen“, brachte es der bayerische Finanzminister Albert Füracker treffend auf den Punkt.


MU-Bezirksvorsitzender Benjamin Zeitler und Moderatorin Gerlinde Wanke (Leiterin Steuern der NÜRNBERGER Versicherung und stellvertretende Vorsitzende des Finanz- und Steuerausschusses der DIHK Berlin) konnten zur Diskussion, an die sich die Verleihung des oberpfälzer Mittelstandspreises 2022 anschloss (siehe gesonderter Bericht) nicht nur 160 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft begrüßen, sondern auch prominente Gesprächspartner.

Neben Füracker stellten sich Prof. Dr. Elmar Forster (Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Mittelfranken), Dr. Hans Weggemann (Steuerberater und geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner), der Neumarkter Oberbürgermeister Thomas Thumann, Stefan Rödl (Vizepräsident der

IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim) und Paul Heinz Bruder (Geschäftsführender Gesellschafter der BRUDER Spielwaren GmbH aus Fürth) den Fragen Wankes. Das Thema, das die Teilnehmer der illustren und kompetenten Runde aus ihrer jeweiligen Sicht beleuchteten, lautete: „Energiekrise – Wirtschaftsstandort Deutschland am Scheideweg, Untergang oder Überlebenschance?“

Minister Füracker machte zu Beginn seines Referates deutlich, dass der Weg, Energien in Deutschland abzuschalten absolut keinen Sinn mache. Im Gegenteil: „Das Energieangebot muss in all seinen Facetten weiter erhöht werden“, sagte er in Richtung der Berliner Ampel-Koalition, deren derzeitige Politik er in Frage stellte. Denn die aktuell vorherrschende Krise könne „auf Dauer nicht einfach durch Geldabholen auf der Bank“ bewältigt werden.

Der Finanz-Politiker forderte, dass Wirtschaftsunternehmen – vor allem energieintensive – noch intensiver unterstützt und sie durch verbesserte Möglichkeiten animiert werden müssten, Investitionen zu tätigen. Und das, so der Minister, könne dauerhaft nur durch Steuererleichterungen auf ein Mindestmaß, wie vielerorts in Europa, erreicht werden. Zuschüsse alleine würden nicht funktionieren.

Der mittelfränkische HWK-Geschäftsführer Prof. Dr. Forster sprach von einem „Zangenangriff, den das Handwerk“, bestehend aus höheren Kosten und geringerer Konsumbereitschaft, zu bewältigen habe. Man kämpfe trotz schlechter Zukunftsstimmung mit der momentanen Situation. „Wir haben 2000 Jahre überlebt und werden jetzt auch noch diese Bundesregierung überleben“, sagte er sichtlich unzufrieden Richtung Berlin.

Aus Sicht der Industrie erklärte der Fürther Spielwarenfabrikant Bruder, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren große Herausforderungen bevorstehen würden. Er sprach von einer „multiplen Krise“, die sich auch auf den Arbeitsmarkt auswirken werde. Daher forderte er: „Der Standort Deutschland muss stark gehalten werden. Das weltweit angesehene Gütesiegel ‚Made in Germany‘ muss eine herausragende Marke bleiben und die Innovation darf keinesfalls abwandern.“ Der Mittelstand sei die deutsche Basis.

IHK-Vizepräsident Rödl, seines Zeichens Geschäftsführer des gleichnamigen Neumarkter Energie-Unternehmens, berichtete, dass seine Branche die Lieferschwierigkeiten im Bereich Photovoltaik nicht beherrschen könne. Und die Lieferfähigkeit werde kurzfristig noch schlechter, so dass hier die Innovationskraft leider verloren gehe. Ansonsten pflichtete er Füracker bei, das gestrichene Energieangebot wieder zu erhöhen, denn: „Dann ein größeres Angebot lässt die Preise fallen.“

Steuerberater Dr. Weggemann bezeichnete die Bundesrepublik als „Hochsteuer-Land“, in dem das Steuerrecht einfach zu kompliziert sei. Er bemängelte die so daraus resultierende bedenkliche Weiterwanderung großer Unternehmen, wie z. B. Microsoft nach Polen. Nicht zu vergessen sei, dass die Administration für den Mittelstand bei den Steuern gewährleistet werden müsse. „Der deutsche Verwaltungsschimmel ist für deutsche Formen eindeutig zu groß“, sagte er.

Genau dieses Problem machte auch Neumarkts Oberbürgermeister Thumann für seine Stadt aus. Die Planungssicherheit für den Mittelstand werde durch lange Verfahrenswege in Frage gestellt. Zudem merkte er an, dass der Mittelstand in Deutschland nicht die Lobby besitze, wie z. B. die großen Automobilkonzerne. „Fürs Überleben der Kommunen brauchen wir aber einen funktionierenden und produktiven Mittelstand“, so der Thumann.

(Bericht und Bild: Stephan Landgraf)